ADHS und Exekutive Funktionen
Die Verbindungen verstehen
Auf den ersten Blick scheinen die exekutiven Funktionen und ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) zwei unterschiedliche Themenbereiche zu sein. Doch sie sind eng miteinander verbunden. Bei Menschen mit ADHS gibt es erhebliche Einschränkungen in genau den Fähigkeiten, die durch exekutive Funktionen gesteuert werden. In diesem Artikel betrachten wir, wie diese Zusammenhänge aussehen und was das für Betroffene bedeutet.
Was ist ADHS?
ADHS ist eine neurobiologische Störung, die durch drei Hauptmerkmale gekennzeichnet ist:
- Unaufmerksamkeit : Betroffene haben Schwierigkeiten, ihre Aufmerksamkeit gezielt aufrecht zu erhalten und sich auf Wesentliches zu konzentrieren.
- Impulsivität : Es ist schwer, Impulse zu kontrollieren, was oft zu vorschnellen Entscheidungen oder Handlungen führt.
- Hyperaktivität : Besonders bei jüngeren Kindern zeigt sich ein stärkerer Bewegungsdrang, der sich mit zunehmendem Alter oft in innerer Unruhe äußert.
ADHS ist keine Krankheit im klassischen Sinne, sondern vielmehr eine Entwicklungsverzögerung oder Störung in der Reifung bestimmter Gehirnareale, insbesondere des präfrontalen Cortex, in dem die exekutiven Funktionen sitzen.
Was sind exekutive Funktionen?
Die exekutiven Funktionen sind, wie bereits beschrieben, die Steuerungsmechanismen unseres Gehirns. Sie ermöglichen uns, Impulse zu kontrollieren, Probleme zu lösen und Handlungen gezielt zu planen. Dazu gehören zentrale Fähigkeiten wie Reaktionshemmung, Arbeitsgedächtnis, emotionale Regulation, Aufmerksamkeitssteuerung, Planung und Organisation.

Wie hängen ADHS und exekutive Funktionen zusammen?
ADHS kann als eine „Störung der exekutiven Funktionen“ betrachtet werden, da schnell alle Symptome auf Schwächen in diesen Bereichen zurückzuführen sind. Betrachten wir die Verbindungen im Detail:
Reaktionshemmung
Menschen mit ADHS haben große Schwierigkeiten, impulsives Verhalten zu kontrollieren. Sie handeln oft, ohne darüber nachzudenken, unterbrechen Gespräche oder reagieren unangemessen auf Reize. Diese Schwäche liegt in einer gestörten Reaktionshemmung begründet – einer der Kernfunktionen exekutiver Steuerung.
Arbeitsgedächtnis
Das Arbeitsgedächtnis ist bei ADHS häufig beeinträchtigt. Betroffene können sich nur schwer merken, welche Schritte für eine Aufgabe notwendig sind, verlieren leicht den Überblick und haben Probleme, Informationen aktiv zu verarbeiten und zu speichern.
Aufmerksamkeitssteuerung
Die wohl bekannteste Verbindung zwischen ADHS und exekutiven Funktionen ist die Schwierigkeit, die Aufmerksamkeit zu lenken und aufrechtzuerhalten. Betroffene lassen sich schnell von äußeren oder inneren Reizen ablenken und haben Probleme, ihre Konzentration über längere Zeit auf eine Aufgabe zu richten.
Emotionale Regulation
Menschen mit ADHS zeigen oft intensive emotionale Reaktionen, die sie schwer kontrollieren können. Frustration, Wut oder Trauer treten schneller und intensiver auf und klingen langsamer ab. Diese Schwierigkeiten sind direkt mit einer beeinträchtigten Fähigkeit zur emotionalen Selbstregulation verbunden.
Planung und Organisation
Aufgaben zu planen, Prioritäten zu setzen und sich an einen Plan zu halten, ist bei ADHS oft herausfordernd. Viele Betroffene haben Schwierigkeiten, den Überblick zu behalten, Fristen einzuhalten oder langfristige Ziele zu verfolgen.
Zeitmanagement
Bei ADHS liegt häufig eine sogenannte „Zeitblindheit“ vor. Betroffene haben Schwierigkeiten, Zeit realistisch einzuschätzen und ihre Aktivitäten entsprechend zu organisieren. Dies kann dazu führen, dass Aufgaben entweder viel zu spät begonnen oder unter großem Druck beendet werden.
Flexibilität
Viele Menschen mit ADHS zeigen Schwierigkeiten, flexibel auf Veränderungen zu reagieren oder ihre Pläne anzupassen. Sie verharren häufig auf einer Idee oder Strategie, auch wenn sich die Situation verändert hat.

Neurobiologische Ursachen
Die Defizite in den exekutiven Funktionen bei ADHS haben neurobiologische Ursachen. Studien zeigen, dass bei ADHS bestimmte Hirnregionen, insbesondere der präfrontale Cortex, weniger aktiv sind oder langsamer reifen. Darüber hinaus beeinflussen Neurotransmitter wie Dopamin und Noradrenalin, die für die Signalübertragung im Gehirn wichtig sind, die exekutiven Funktionen. Bei Menschen mit ADHS ist die Regulation dieser Botenstoffe oft gestört, was die typischen Symptome erklärt.
Wie sich Schwächen der exekutiven Funktionen bei ADHS äußern
Die Beeinträchtigung der exekutiven Funktionen führt bei ADHS zu Herausforderungen in vielen Lebensbereichen:
- Schule und Lernen : Kinder und Jugendliche mit ADHS haben Schwierigkeiten, Anweisungen zu befolgen, Aufgaben rechtzeitig zu bewältigen und strukturiert zu arbeiten.
- Beruf und Alltag : Erwachsene kämpfen oft mit chaotischen Tagesabläufen, vergessenen Terminen oder unvollendeten Projekten.
- Soziales Leben : Impulsives Verhalten und emotionale Reaktionen können Beziehungen belasten.
Unterstützungsmaßnahmen und Förderung
Obwohl Herausforderungen in den exekutiven Funktionen bei ADHS eine darstellen, gibt es Strategien, die helfen können:
Verhaltenstherapie : Ziel ist es, Impulse zu kontrollieren, Struktur zu schaffen und neue Verhaltensweisen zu erlernen.
Medikamentöse Unterstützung : Medikamente wie Stimulanzien (z. B. Methylphenidat) verbessern die Verfügbarkeit von Dopamin und Noradrenalin im Gehirn und fördern so die exekutiven Funktionen.
Gezielte Förderung : Methoden wie Zeitmanagement-Trainings, Checklisten, visuelle Hilfsmittel oder Apps helfen, Organisation und Planung zu verbessern.
Stressbewältigung : Da Stress die exekutiven Funktionen weiter beeinträchtigt, ist es wichtig, Techniken wie progressive Muskelentspannung, Achtsamkeit oder Yoga einzusetzen.
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Lies dazu demnächst auch meinen Blogartikel Stress und Exekutive Funktionen!